Donnerstag, 18. Oktober 2012

Hintergrundgeschichten, die dir das Leben schwer machen



So, deine Hauptfigur hat also eine lange und reiche Hintergrundgeschichte, Tragödien und schwere Schicksalsschläge, verlorene Lieben und Leichen im Keller?
Fein.
Und diese Hintergrundgeschichte ist unbedingt wichtig für das Verständnis deiner Geschichte, außerdem hast du als Autor auch noch die Aufgabe, dem Leser das besondere Setting, die Völker und Kreaturen, Gesellschaftsschichten und Aufbau deiner Welt zu beschreiben, denn du schreibst SF/ Fantasy?
Achtung, hier lauern Gefahren.
Gefahren eines Infodumps.

Was ist ein Infodump, wie kann ich ihn erkennen und wie wieder auflösen?

Infodump bedeutet, dass der Leser mit zu viel Hintergrundinformationen überschüttet wird. Die meißten (modernen) Geschichten werden aus der Perspektive eines personalen Erzählers oder eines Ich-Erzählers geschrieben, d.h. der Leser befindet sich dicht an der Hauptfigur und kann ihre Gedanken und Gefühle nah miterleben.
Wenn nun aber aus der Sicht der Hauptfigur herausgesprungen wird und der Erzähler sich einmischt, um dem Leser etwas zu erklären oder mitzugeben, dann handelt es sich häufig um einen Infodump, vor allem, wenn die Erklärungen länger als drei Zeilen in Anspruch nehmen.
Was tun?

Man nehme einen Textmarker und gehe sein Manuskript nach solchen Stellen durch. Streiche jede Stelle an, an der der Erzähler sich einmischt oder an der die Figur in einem Flashback etwas über sich selbst erzählt. Überlege, wie du die Information, die in diesen Abschnitten gegeben wurde, anders transportieren kannst.
Wenn man sehr viele solcher Stellen in seinem Text findet, und ganz viel markiert hat, dann kann es sein, dass man die falsche Erzählperspektive gewählt hat oder die falsche Figur als Hauptperson. Ehrlich. Überlege genau, wer es ist, der deine Geschichte dem Leser am besten erzählen könnte. Das muß nicht immer der Held der Geschichte sein.

Wenn man aber die richtige Perspektive und den richtigen Perspektivträger für seine Geschichte gewählt hat, dann muß man sich dran machen und diese Blöcke an reiner Hintergrundinformation auflösen, indem man sich überlegt, ob diese Informationen wirklich wichtig sind, für das Verständnis und das Vorantreiben der Geschichte.
Infos verlangsamen den Erzählfluss.
Indodumps sind wie Hubbel auf einer Schnellstrasse, wie diese ärgerlichen Beulen zur Verkehrsberuhigung in einer Seitenstraße, durch die man doch mal eben schnell durchhuschen wollte.
Stelle dich dem Hubbel in dem du analysierst: Welche Frage sollte mit diesem Infodump beantwortet werden? Ist sie wirklich wichtig? Habe ich diese Frage vielleicht schon einmal an anderer Stelle beantwortet?
Und vor allem: Ist es nicht besser, den Leser über diese Sache im Dunkeln zu lassen?
Denn bedenke: Spannung kommt auf, weil der Leser unbeantwortete Fragen hat.

Viele Anfänger - Autoren (vor allem von Fantasy und SF, aber auch andere Genres sind davor nicht sicher) begehen den Fehler ihre Geschichte mit einer reinen Exposition zu beginnen und das ist NIE gut. Werfe dem Leser kleine Häppchen hin, mache Andeutungen. Aber erkläre nicht.
Show, don`t tell.

Wenn deine Welt fortgeschrittene Technik, andere physikalische Gesetze oder Magie enthält, dann erkläre uns nicht, wie sie funktioniert, zeige es uns.
Das gleiche gilt für die seelischen Narben und bereits erlebten Abenteuer deines Helden. Vermeide Flashbacks und absätzelanges Sinnieren über die Vergangenheit. Ein einziger Satz, oder eine Geste reicht oft. Indiana Jones bekommt in der ersten Szene bei der ersten Begegnung mit der weiblichen Nebenfigur von ihr eine Ohrfeige. Das reicht, um dem Leser alles zu sagen. Die beiden kennen sich. Sie ist eine Frau. Sie ohrfeigt ihn. Sie hatten was miteinander.
Weitere Erklärungen unnötig.
Indis lässiges Lächeln als Antwort ist uns ebenfalls Charakterisierung genug.

Und wenn du alle überflüssigen Informationen rausgestrichen hast, und nur noch das drin ist, was für die Story wirklich wichtig ist, dann bleibt dir noch eines: Gebe es einem Testleser und frage, ob er die Geschichte versteht.
Ob alle wichtigen Informationen drin sind und an der richtigen Stelle kommen.
Beim Kürzen kommt der Herr Autor dann immer wieder unweigerlich auf die Frage: “Was will Meiner Einer eigentlich erzählen?“
Was ist der Kern meiner Geschichte?

Und wenn du dich wirklich, wirklich nicht von den Heldentaten in der Vergangenheit deines Charakters lösen kannst, weil die so cool und aufregend und spannend sind, das sie unbedingt gezeigt werden müssen, dann hast du dort vielleicht die wahre Geschichte.
Die Hintergrundgeschichte, die deinem Charakter und dir das Leben schwer macht, und deinen Anfang unnötig aufbläst, und dich zu einer Exposition zwingt, wo du doch den Leser in die Handlung hineinziehen solltest, kann der Grund sein, weswegen du überhaupt zum Stift greifst.
Dein wahres Herzblut.
Wenn das so ist, beginne neu: Beginne die Geschichte diesesmal früher und höre früher auf. 

Mache die Vergangenheit deines Charakters nicht zu einem Prequel.
Mache sie zu deiner Geschichte. 

(Aber bitte verschone mich in der Version ebenfalls mit der Vorgeschichte des Lebens der Schwiegermutter, den Liebesverwirrungen der ersten Thronfolger des Königreiches von Kazoo, der Geschichte der Magie und ihrer Entstehung, sowie den langen Kindheitserinnerungen des Helden in der Pfalz.)

Und was ein Flashback ist, wie man ihn nutzt und wo man ihn lieber meidet, darüber macht sich Meiner Einer dann Gedanken beim nächsten Mal.

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