Montag, 11. Februar 2013

Wie im Großen so im Kleinen Teil I: Kapitel



Wie im Großen so im Kleinen.


Nachdem wir uns nun Aufbau und Struktur einen Romanes im Großen angesehen haben, wenden wir uns der nächsten kleineren Einheit zu:

dem Kapitel. 

Ein Kapitel ist zunächst einmal nichts weiter als eine Einteilung des Buches in „Sinneinheiten“. Diese haben keinen Zweck außer dem der Übersichtlichkeit für den Leser. Wenn dieser das Buch beiseite legt, möchte er beim nächsten Mal schneller und besser die Stelle wiederfinden, an der er gewesen ist. Auch für den Autoren macht es Sinn, sein Manuskript in kleinere Einheiten einzuteilen, anstatt einen langen Fließtext zu haben.


Kapitel müssen keine Titel haben. In vielen Büchern sind die einzelnen Kapitel einfach nur durchnummeriert. Titel haben den Vorteil, dass man wie in einer Art Kurzzusammenfassung dem Gedächtnis auf die Sprünge helfen kann. Und den Nachteil, dass sie genau deswegen zu viel verraten können.

Während der Arbeit am ersten Entwurf sollte sich der Autor aber keine großen Gedanken um Kapitelüberschriften machen; am besten nimmt er als Überschrift einen Satz, der den Inhalt stichwortartig zusammenfasst. Kapitel 5 in dem Julia ihren Romeo kennenlernt und auf dem Weg zur Schule ihre Hausaufgaben vergisst. So findet der Autor sich selber besser zurecht und kann leichter Überarbeiten.

 (Anm. Autorensoftwares bieten oft die Möglichkeit, Karteikarten, Notizzettel oder Kurzzusammenfassungen an Kapitel zu heften. In diesem Fall braucht Deiner Einer keine zusätzlichen ausführlichen Kapiteltitel zu fabrizieren. Sehr praktisch.)

Später dann, wenn der erste Entwurf überarbeitet und Inhalt der Kapitel feststehen, kann sich Autor Gedanken über Kapiteltitel machen. Je nach Geschichte können das auch Datumsangaben, Namen oder Städte sein.

Wo aber beginnt ein neues Kapitel und wo endet das vorherige?

Wie im Großen, so im Kleinen.

Ein Kapitel hat nämlich, genau wie der gesamte Roman, einen Anfang, Mittelteil und Schluss. 
Jedes Kapitel hat einen eigenen kleinen Spannungsbogen. (Oder sollte zumindest einen haben. Sonst wird es Zeit für eine Überarbeitung.) 

Am Anfang des Kapitels wird zunächst einmal Ort, Zeit und Raum klar gestellt – besonders wenn der Perspektivträger wechselt und die Geschichte an einer anderen Stelle weitergeht, als sie aufgehört hat. Dafür genügen wenige Sätze, aber manchmal können auch längere beschreibende Passagen nötig sein, wenn z.B. viel Zeit vergangen ist oder sich Landschaft und Szenerie verändert haben.

Dann folgt die Figur, die entweder neu beschrieben werden muss oder nahtlos weitergeführt werden kann. Und diese Figur sollte nun mit einem klaren Ziel in das Kapitel aufbrechen.

Das Ziel, also etwas das sie bekommen oder erreichen will, ergibt sich in den meisten Fällen aus dem vorherigen Kapitel, kann aber auch auf den ersten Seiten eines Kapitels neu gestellt werden.

Je klarer und dringlicher das Ziel ist, desto größer ist die Spannung. Die Figur darf Zweifel haben und sogar mit sich selbst (oder jemandem) debattieren, aber sie sollte möglichst bald einen Schritt unternehmen, um das Ziel zu erreichen.
Der Leser mag aktive Figuren.

Doch die Figur stößt auf Schwierigkeiten.

Im Verlauf des Kapitels trifft die Figur auf Hindernisse oder gerät in Konflikte. Jedes Kapitel kann einen oder mehrere Konflikte haben, die nicht mit dem Hauptkonflikt zusammenhängen müssen (aber können). Mach es deinem Charakter schwer. Lass ihn nicht einfach an sein Etappen- Ziel gelangen. 

Die meisten Kapitel sollten dann damit enden, dass die Figur scheitert oder zumindest nur einen Teilsieg erringt. Der Verdächtige ist entkommen, aber er hat einen Gegenstand verloren, anhand dessen man ihn identifizieren kann.

Warum? 

Weil es LANGWEILIG ist, wenn die Figur von einem Erfolg zum nächsten marschiert. Deine Figur sollte Rückschläge erleben, Niederlagen einstecken und dennoch sich immer wieder aufrappeln, sein Ziel neu stecken und weitermachen. Das ist das Holz aus dem Helden geschnitzt sind ! (und aus dem deine Leser gerne geschnitzt wären. Deswegen lesen wir ja so gerne Geschichten von Helden.)

Der Aufbau deines Kapitels sieht also wie folgt aus: Anfang – Mittelteil – Schluss oder anders ausgedrückt

Ziel – Konflikt – Desaster.

Diese Struktur merken wir uns, wenn wir uns die nächste kleinere Einheit ansehen: Die Szene.