Montag, 27. Oktober 2014

Verlagsverträge: §2 Vergabe der Nebenrechte

Business Bunny Teil 12

Das Business Bunny erklärt den Normvertrag Schritt für Schritt.
Neben den sog. Hauptrechten gibt es noch die Nebenrechte, diese werden unterschieden in sog. buchnahe und buchferne Nebenrechte. Die buchnahen Nebenrechte haben wir beim letzten Mal bereits behandelt (Lizenzen für Sonderausgaben, Übersetzungen, Buchclubausgaben, Sondereditionen oder Vorabdrücke in Magazinen); heute befassen wir uns mit den buchfernen Nebenrechten laut Normvertrag, z.B. Vertonung, Verfilmung, Aufführung als Bühnenstück etc.

Paragraf §2 Rechtseinräumungen Nebenrechte

h) Das Recht, das Werk oder seine Teile mit anderen Werken, Werkteilen oder sonstigem Material zu (auch) interaktiv nutzbaren elektronischen Werken zu vereinen und diese dann als körperliche oder unkörperliche Ausgaben zu vervielfältigen, verbreiten und öffentlich zugänglich zu machen. Änderungen des Charakters des Werkes bedürfen der Zustimmung des Autors. 
Bedeutet: Gemeint sind Apps und interaktive Ebooks, wie sie z.B. Apple mit seinen IBooks anbietet. 
i) Das Recht zur Bearbeitung als Bühnenstück sowie das Recht der Aufführung des so bearbeiteten Werkes.
j) Das Recht zur Verfilmung einschließlich der Rechte zur Bearbeitung als Drehbuch und zur Vorführung des so hergestellten Films. Eingeschlossen ist ferner das Recht zur Bearbeitung und Verwertung des verfilmten Werkes im Fernsehen (Free oder Pay-TV) oder auf ähnliche Weise (Abruffernsehen, Video-on-demand, WebTV etc.) 
Was ist zu beachten?
Es gibt aus Autorensicht in Deutschland keinen vernünftigen Grund, seine Filmrechte an Verlage abzugeben. Kein Verlag (auch die großen nicht) steht in Kontakt mit Größen der Filmbranche und pitcht regelmäßig beim Mittagessen seine Stoffe einem ARD – Produzenten. Wenn ein Produzent oder Regisseur auf einen Stoff aufmerksam wird und diesen verfilmen will, dann fast ausschließlich, weil er selber über das Buch oder Werk gestolpert ist. Produzent oder Regisseur wendet sich daraufhin an den Verlag, nicht umgekehrt. Warum sollte der Verlag Prozente für das Vermitteln des Stoffes erhalten, wenn er nicht aktiv Filmstoffe vermittelt? Diese Rechte liegen besser in den Händen eines erfahrenen Agenten mit Kontakten zur Filmindustrie oder schlicht beim Autor. Wenn Hollywood dann anklopft, bekommt der Autor den kompletten Verkaufspreis und muss nicht mit Verlagen teilen.  
k) Das Recht zur Bearbeitung und Verwertung als Hörspiel. (Hörspiel ist etwas anderes als Hörbuch. Hierbei nehmen verschiedene Sprecher die verschiedenen Rollen ein, das Stück wird mit Musik und Geräuschen unterlegt und der Text dafür stark gekürzt. Daher ist ein Hörspiel eine neue Fassung eines Werkes, während es sich bei einem Hörbuch um den unveränderten original Wortlaut eines Romanes handelt, der vorgelesen wird.) 
l) Das Recht zur Vertonung des Werkes einschließlich des Rechts zur Aufführung des vertonten Werkes. (Also als Hörbuch.)
k) und l) sollten nur abgetreten werden, wenn der Verlag Erfahrungen und Kontakte mit dem vermitteln der Hörbuch, bzw. Hörspielrechte vorzuweisen hat, ansonsten ist es besser diese Rechte, genau wie die Filmrechte, in die Hände eines spezialisierten Agenten zu legen oder selber zu versuchen, an Hörbuchverlage zu vermitteln oder gar selbst zu produzieren, z.b. über acx.com. 
m) Das Merchandisingrecht, d.h. das Recht, das Werk, insbesondere die in einem Werk enthaltenen Figuren, Namen, Textteile, Titel, Schriften, Geschehnisse, Erscheinungen und die durch das Werk begründeten Ausstattungen einschließlich ihrer bildlichen, fotografischen, zeichnerischen und sonstigen Umsetzungen im Zusammenhang mit anderen Produkten und Dienstleistungen aller Art und jeder Branche zum Zwecke der Verkaufsförderung zu nutzen, und so gestaltete oder versehene Produkte kommerziell auszuwerten und nach eigenem Ermessen Markenanmeldungen durchzuführen sowie gewerbliche Schutzrechte zu erwerben. Die Verwertung hat im Einvernehmen mit dem Autor zu erfolgen. 
Was ist zu beachten?
Dies ist eine neue Klausel im Normvertrag, die erst kürzlich hinzugefügt wurde. Im Merchandising steckt viel Geld. Manche Werke, (man denke nur mal an „Prinzessin Lilifee“) erwirtschaften mehr Kohle durch Produkte, auf denen die Hauptfigur und ihr Logo in rosa Farben gedruckt sind, als das Buch. Daher sollten Merchandisingrechte niemals gedankenlos vom Autor pauschal übertragen werden. Wer will sie nicht, seine T-Shirts und Kaffeetassen und Federmäppchen und Handyglücksbringer mit dem Helden seiner Lieblingsgeschichte draufgedruckt? Der Autor sollte unbedingt eine gute Beteiligung an dieser Einnahmequelle erhalten! 
n) Das Recht, das Werk bzw. die hergestellten Werkfassungen nach Absatz h) bis m) in allen vertragsgegenständlichen Nutzungsarten auf Datenträgern aller Art aufzunehmen, zu vervielfältigen und zu verbreiten sowie durch Hör- und Fernsehfunk zu senden und/oder öffentlich zugänglich zu machen.
o) Die am Werk oder seiner Datenträger oder durch Lautsprecherübertragung oder Sendung entstehenden Wiedergabe- und Überspielungsrechte.
p) Das Recht, das Werk in allen vertragsgegenständlichen körperlichen Nutzungsarten zu veröffentlichen, gewerblich oder nichtgewerblich auszuleihen und/oder zu vermieten.
q) Das Recht, das Werk im Umfang der eingeräumten Rechte in allen vertragsgegenständlichen Nutzungsarten auszugsweise zum Zwecke der Werbung für das Werk öffentlich zugänglich zu machen.
r) Das Recht, das Werk in zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses unbekannten Nutzungsarten zu nutzen. Beabsichtigt der Verlag die Aufnahme einer neuen Art der Nutzung, wird er den Autor entsprechend informieren. Dem Autor stehen die gesetzlichen Rechte gemäß § 31a UrhG (Widerruf) und § 23c (Vergütung) zu.
Was ist zu beachten? 
Diese letzte Formulierung ist ein ziemlicher dreister Versuch, sich schon mal im Voraus alle Rechte für zukünftige noch nicht bekannte Nutzungsarten zu sichern. Es ist nicht einzusehen, warum ein Autor so etwas unterschreiben sollte. Wenn eine neue Nutzungsart erfunden wird, wie z.B. Hologramm-Filme auf Smartphones mit Duftorgel, dann sollte der Autor in der Lage sein, sein Werk bei dem Verlag herauszubringen, der am besten Hologramm-Filme vertreibt – und nicht zwangsweise an seinen Verlag gebunden sein, dem dazu evtl. die technischen Möglichkeiten fehlen, und der diese auch gar nicht umsetzen kann. 

Insgesamt sieht man also, dass Verlage sowohl bei den Hauptrechten als auch bei den Nebenrechten radikal zuschlagen und sich grundsätzlich alle Rechte an einem Werk auf einmal sichern wollen - am besten auf Lebenszeit.
In der Vergangenheit konnten sie das auch tun, da Autoren keine anderen Mittel oder Wege zur Veröffentlichung hatten. Es war ein „Friss oder Stirb.“
Diese Zeiten haben sich geändert und ändern sich noch immer in rasendem Tempo. Was die Zukunft bringen mag, ist kaum vorauszusehen, daher ist es nicht ratsam, sich vertraglich ein Leben lang mit allen Nutzungsrechten an einen Verlag zu binden. Die gezielte Wahl von verschiedenen Vertriebspartnern für verschiedene Nutzungsarten ist klüger und führt langfristig zu mehr Einnahmen.
Moderne Autoren sollten verhandeln und sich nicht mehr auf altmodische Verträge einlassen. Autoren - Kollegen aus den USA machen es vor und verhandeln immer häufiger Print-only-Deals oder nur Ebook-Ausgaben.
Jeder dieser oben aufgeführten Nutzungsarten kann einzeln verhandelt und gestrichen werden.
Jede dieser Nutzungsarten ist Geld wert. Deswegen stehen für jede Nutzungsart dem Autor die gesetzlichen Rechte gemäß § 31a UrhG (Widerruf) und § 23c (Vergütung) zu.
Das bedeutet: Jede Vergabe dieser Rechte kann vom Autor unter bestimmten Fristen und Bedingungen zurückgerufen werden und für jedes dieser Rechte – sofern sie ausgeübt werden – steht dem Autor eine Vergütung zu.
Wie diese Vergütung aussieht, und was die Pflichten eines Verlages sind, erfahrt ihr hier.
Oder in meinem Ebook.

Mittwoch, 15. Oktober 2014

Verlagsverträge: §2 Rechtseinräumungen

Business Bunny Teil 11



Was habe ich beim Abschluss eines Verlagsvertrages zu beachten?
Jedes Wort!
Das Business Bunny erklärt den Normvertrag, Schritt für Schritt.

Paragraf §2 Rechtseinräumungen 
Hauptrechte

Der Autor räumt dem Verlag […] folgende Rechte ein:

a)     Das Recht zur Vervielfältigung und Verbreitung in allen Druckausgaben sowie körperlichen elektronischen Ausgaben. Unter Druckausgaben sind z.B. Hardcover-, Taschenbuch-, Paperback-, Sonder-, Reprint-, Buchgemeinschafts-, Schul-, Großdruckbuchstaben und Gesamtausgaben zu verstehen. Unter körperlichen eelktronischen Ausgaben ist die digitale Vervielfältigung des Werkes auf Datenträgern (z.B. CD, CD-ROM; DVD) zu verstehen.

Bedeutet: Der Autor räumt dem Verlag sämtliche Printrechte ein.
Was ist zu beachten?

Hier sollte spezifiziert werden, welche Printausgabe geplant ist und nicht einfach pauschal alle Rechte vergeben werden. Plant der Verlag ein Hardcover, so könnte ein anderer Verlag die Taschenbuchform herausgeben oder wenn nur Taschenbuch geplant ist, so könnte eine Sonderausgabe als Hardcover später in anderen Verlagen aufgelegt werden – vorausgesetzt der Autor tritt diese Rechte nicht pauschal und nicht für die Dauer des gesetzlichen Urheberrechts an den Verlag ab.
Zu beachten ist außerdem, dass körperliche elektronische Ausgaben keine Ebooks sind.

Die Rechte für Ebooks kommen unter
b)     Das Recht, das Werk in unkörperlichen elektronischen Ausgaben (z.B. Ebook, App) digital zu vervielfältigen und in Datenbanken und Datennetzen zu speichern und einer beliebigen Zahl von Nutzern ganz oder teilweise derart zugänglich zu machen, dass diese das Werk oder Werkteile auf individuellen Abruf (z.B. Download, Streaming) empfangen zu können, unabhängig vom Übertragungssystem (Internet, Mobilfunk) und der Art des Empfangsgeräts (z.B. Computer, Handy, E-Reader). Dies schließt auch das Recht ein, das Werk Nutzern ganz oder teilweise zeitlich beschränkt zugänglich zu machen.

Bedeutet: Der Autor räumt dem Verlag die Rechte am Ebook ein und der Verlag darf dieses kostenlos anbieten, wenn er will und so lange er will.
Was ist zu beachten?

Wer einen Printdeal mit dem Verlag abgeschlossen hat, sollte die Ebook-Rechte nur abtreten, wenn der Verlag diese auch wahrnimmt. Sonst ist es für den Autor lukrativer, die Ebook- Rechte zu behalten und auf eigene Faust herauszubringen. Die Vergabe der Ebook-Rechte unbedingt zeitlich begrenzen, z.b. auf 2-3 Jahre. Im Moment ändert sich der Ebook-Markt rasant, so dass der Autor in der Lage sein sollte, nach einer Weile neu zu verhandeln um evtl. seine prozentuelle Beteiligung zu erhöhen oder sein Werk woanders zu veröffentlichen. Auch ist es eine Überlegung wert, die Rechte an einer App oder einem enhanced ebook gesondert zu vergeben. Dies ist ein noch nicht sehr viel genutzter Markt, der in den nächsten Jahren aber wachsen kann.
c)     Das Recht des ganzen oder teilweisen Vorabdrucks und Nachdrucks, beispielsweise in Kalendern, Anthologien, Zeitungen, Zeitschriften.

d)     Das Recht der Übersetzung in andere Sprachen oder Mundarten und die Auswertung dieser Fassungen nach allen vertragsgegenständlichen Nutzungsarten.

e)     Das Recht zu sonstiger Vervielfältigung und Verbreitung des Werkes, ganz oder in Teilen, insbesondere durch digitale, fotomechanische oder ähnliche Verfahren (z.B. (Digital-)Fotokopie).

f)      Das Recht zum Vortrag des Werkes durch Dritte, insbesondere Lesung und Rezitation.

g)     Das Recht zur Aufnahme des Werkes (z.B. als Hörbuch) auf Datenträger aller Art sowie das Recht zu deren Vervielfältigung, Verbreitung, öffentlichen Wiedergabe einschließlich Sendung sowie öffentlicher Zugänglichmachung.

Bedeutet: Der Autor räumt pauschal sehr viele Rechte ein…
Was ist zu beachten?

All diese Rechte werden im Normvertrag aufgeführt, denn der Normvertrag ist ein Mustervertrag, d.h. er bietet Formulierungen für all die oben aufgeführten Rechte. Das bedeutet aber nicht, dass der Autor diese Rechte auch alle pauschal an den Verlag abgeben muss, ganz besonders nicht, wenn keinerlei Vergütung dafür geboten wird. Wird der Verlag all diese Rechte auch wahrnehmen? Für Rechte, die der Verlag übernommen hat aber nicht ausübt, sollte der Autor ein Rückrufrecht (siehe § 5) bekommen.

Manche der oben genannten Rechte, wie das Recht des Vorabdrucks in Zeitungen und Zeitschriften oder das Recht zum Vortrag durch Dritte dienen dem Marketing und der Verbreitung des Werkes und sollten dem Verlag gewährt werden. Andere Rechte, insbesondere Übersetzungen in andere Sprachen und Hörbuchrechte, sollte der Autor wiederum nicht einfach so vergeben, sondern sich gut überlegen, ob der Verlag der richtige Partner für diese Rechte ist (hat er Erfahrungen und Erfolge mit Vermittlung von Übersetzungen oder Hörbüchern?) und die Rechte entweder behalten und versuchen selber auszuüben, oder die Vergabe zeitlich begrenzen.

In der Vergangenheit haben Autoren all diese Rechte häufig ohne mit der Wimper zu zucken an Verlage abgegeben. Einerseits aus Unwissenheit, weil sie Verträge unterschrieben ohne sie zu lesen oder ohne sie zu verstehen, andererseits weil sie keine anderen Möglichkeiten hatten, ihre Werke herauszubringen.
Doch das hat sich, dank Print-onDemand und digitalen Möglichkeiten, geändert.

Verlage greifen gerne einmal pauschal nach sämtlichen Rechten, auch wenn sie diese nicht ausüben und sie brach liegen. Das tun sie deswegen, weil jedes Recht (jede einzelne Lizenz auf die Verwertungsform eines Werkes) einen potenziellen Wert hat. So wird der Firmenwert eines Verlages (unter anderem) aufgrund der Anzahl der Rechte, die er innehat, geschätzt.
Rechte sind wie Aktien.
Man weiß nie, welche sich eines Tages als Goldgrube herausstellt.

Außer den Hauptrechten, regelt der Vertrag noch die Vergabe der Nebenrechte.
Doch davon erzähle ich euch hier.
Oder in meinem Ebook.